Als „mutig, betörend und zeitgemäß“ bezeichnete der Kölner Baudezernent Franz-Josef Höing den Entwurf von kister scheithauer gross (ksg) zur Erweiterung der Hahnentorburg. In einem kooperativen, zweiphasigen Gutachterverfahren suchte die EhrenGarde Köln 1902 e.V. eine städtebaulich und denkmalverträgliche Lösung für eines der prägendsten Baumonumente der Stadt. Gefunden wurde diese unter der Erde; denn die Architekten entschieden sich für einen kleinen, aber markanten Eingangsbau und einen unterirdischen, zeitgemäß interpretierten Gewölbe-Festsaal.
Am Ende war die Erleichterung bei allen Beteiligten spürbar – der Siegerentwurf vereinigt die Ansprüche des Denkmalschutzes für die mittelalterliche Hahnentorburg am Rudolfplatz mit den Wünschen der EhrenGarde, die seit 1988 hier ihren Sitz hat. Ein großer unterirdischer Festsaal mit einem modernen Gewölbe soll dort entstehen. Die Überlegungen und die Ausschreibung eines Ideenwettbewerbs waren notwendig geworden, da der Rudolfplatz mit seiner in die Jahre gekommenen Bebauung neugestaltet wird (u.a. Gebäudekomplex von Caruso St John gegenüber). Verschwinden soll dann das Theater am Rudolfplatz genauso wie die in den 1960er Jahre angebaute Brückenkonstruktion, welche der Ehrengarde bisher als Veranstaltungssaal diente. „Es ging um ein ganz kleines Schmuckstück in der Stadt; eine ganz besondere Bauaufgabe für eine ganz besondere Nutzung an einem ganz besonderen Ort“, so Baudezernent Franz-Josef Höing bei der Pressekonferenz zum Wettbewerb.
„Unser Ziel ist es, das Denkmal Hahnentorburg langfristig erlebbar zu (er)halten“, erläutert Hans-Georg Haumann, Präsident der Ehrengarde. Vor diesem Hintergrund entschied man sich – in enger Abstimmung mit der Stadt Köln – für ein zweiphasiges kooperatives Gutachterverfahren mit 12 Architekturbüros. Darunter Christ und Gantenbein (Basel), Max Dudler (Berlin), Anderhalten Architekten (Berlin), Bruno Fioretti Marques (Berlin, Lugano) oder Kastner Pichler aus Köln. Da die Auslobung wenig Vorgaben machte, war die entwurfliche Bandbreite der eingereichten Entwürfe groß: sowohl ober- als auch mit unterirdische Lösungen waren dabei. Das Urteil der 11-köpfigen Jury fiel am Ende aber einstimmig aus.
„Wir sind einen großen Schritt weitergekommen, was die Zukunft unserer Ehrengarde angeht“, freut sich Hans-Georg Haumann. Und auch der Kölner Baudezernent ist guter Dinge: „Die Jurysitzung war ein großer Genuss, ich bin ganz beschwingt nach Hause gegangen. (…) Der Entwurf von ksg ist eine betörende Lösung, ein heiteres Aufflackern einer Welt, die da im Boden verschwindet.“ Die Arbeit überzeugte die Jury mit einer weitgehend unterirdischen Lösung und einer besonderen Atmosphäre der neu geschaffenen Räume. In einer außerordentlichen komplexen Situation setzt das Konzept dort an, wo durch den Abriss der Brücke eine Brandwand zurückbleibt.
Der unterirdische Festsaal greift in seiner Geometrie der Deckenkonstruktion das Rautenmuster der Fassade auf. Das Gewölbe der Decke soll aus Glasfasermaterial sein.
Wie sieht es denn dort unter der Erde aus? An der Stelle des neuen Saals hatte es im Zweiten Weltkrieg wohl einen Bombentreffer gegeben. „Wir groß der Krater war, müssen wir bei den Arbeiten erkunden. Historische Funde halte ich für wenig wahrscheinlich, aber es können dort natürlich alte und neuere Leitungsstränge verlaufen“, sagt Stadtkonservator Thomas Werner. Wenn die Abriss- und die Erdarbeiten am Rudolfplatz beginnen, wird die Hahnentorburg ständig überwacht, um möglich Schäden frühzeitig erkennen zu können. Der Saal wurde von ksg in der Überarbeitungsphase auch noch etwas verkleinert, damit er nicht mit einer möglichen unterirdischen Ost-West-Bahn der KVB in Konflikt gerät.
„Die Verbindung der Turmfundamente mit dem unterirdischen Festsaal und einem parametrischen Gewölbe wird die Geschichte des Hahnentors mit der Moderne auf neue Weise verbinden“, erläutert Entwurfsverfasser Johannes Kister. Franz-Josef Höing spricht von einer „zeitgemäßen Interpretation eines Gewölbes“. Und auch der Stadtkonservator sah das ähnlich: „Ich hatte zunächst Vorbehalte, aber nun ist klar – ein Festsaal muss nicht unbedingt oberirdisch sein.“ Die gefundene Lösung hält er für den „besten und sensibelsten Umgang mit einem der wichtigsten Baudenkmäler der Stadt“. Der Abriss der Brücke soll Ende April beginnen. Über die Kosten des Umbaus, der von der Ehrengarde getragen wird, wollte man sich noch nicht äußern.
Weitere Teilnehmer der zweiten Phase des Gutachterverfahren:
Natalie Bräuninger